In eigener Sache
Ganzheitlichkeit in der Schmerzmedizin

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
heute möchte ich mich in eigener Sache an Sie wenden und den Begriff der Ganz­heitlichkeit noch einmal zur Sprache bringen, da er im Namen unseres Ver­eins der Deutschen Akademie für ganz­heitliche Schmerztherapie und Palliativ­medizin (DAGST e.V.) eine wesentliche Rolle spielt. Laut der Wortbestimmung bedeutet Ganzheitlichkeit „die Betrach­tung  einer Sache in der systemischen Vollständigkeit aller Teile sowie in der Gesamtheit ihrer Eigenschaften und Be­ziehungen untereinander“. Ganzheitli­che Medizin wird ebenfalls als „ein An­satz in der Gesundheitsfürsorge, wonach der ganze Mensch in seinem Lebenskon­text mit der Betonung von Subjektivität und Individualität betrachtet und be­handelt werden soll“, definiert.

Den Patienten als Ganzes sehen
Für die DAGST bedeutet dies nicht nur die Beschäftigung mit sogenannten komplementären Behandlungsansätzen, Methoden und Diagnoseverfahren, son­dern vor allen Dingen das Menschenbild bei jeder ärztlichen Behandlung oder Maßnahme zu akzeptieren. Nimmt man das humanistische Menschenbild, das von der Einheit von Körper und Geist ausgeht, so ist diese Verbindung für je­den, der ganzheitlich arbeitet, Grund­voraussetzung aller ärztlichen Betrach­tungsweisen. Das christliche Menschen­bild ist durch die Einheit von Körper, Geist und Seele geprägt. Dieses Bild be­rücksichtigt nicht nur die hoch indivi­duelle Umgebung eines Patienten, son­dern nimmt auch Glaube, Religion und jegliche Spiritualität mit in einen Be­handlungsansatz auf. Soweit die Be­trachtung der Ganzheitlichkeit bezogen auf Arzt und Patient.

Ganzheitlichkeit in der Lehre
Ganzheitlichkeit in ursprünglichem Sinn bezieht sich jedoch auch auf den Umgang miteinander und ebenso auf den Umgang der Lehrenden mit den Lernenden. Praxis nahe, verständliche Ansätze in der Vermittlung von Wissen sind keine Selbstverständlichkeit. Aus diesem Grun­de freue ich mich, Herrn Professor Sven Gottschling, Leiter des Zentrums für Pal­liativmedizin und Kinderschmerzthera­pie der Universitätsklinik des Saarlandes, zum „Preis der Lehre“ 2015 gratulieren zu können, der von den Studierenden selbst vergeben wird. An dieser Stelle einen herzlichen Glückwunsch an Herrn Gott­schling, der als 2. Vorsitzender der DAGST diese Kompetenz in der Lehre auch mit in unsere Kurse einbringt. Die zweite Gratulation an Herrn Gottschling ergeht für einen Umstand, der europaweit einzigartig sein dürfte. Herr Gottschling wird Leiter der ersten altersübergreifen­den Palliativstation an einer Universitäts­klinik in Europa. Diese Station soll zum 1. Oktober 2016 an den Universitätsklini­ken Homburg/Saar etabliert werden. Ich wünsche ihm für diese großartige Aufgabe alles erdenklich Gute und viel Kraft.
Am 25. August 2016 wird außerdem sein Buch zum Thema Sterben und dem Umgang mit Sterbenden erscheinen. Es trägt den Titel „Leben bis zuletzt – Was wir für ein gutes Sterben tun können.“ Herr Gottschling hat das Buch zusammen mit Lars Amend in leicht verständlicher Sprache geschrieben. Es ist für jeden Menschen, ob er sich selbst in der letzten Lebensphase befindet, oder als Angehöriger bald einen geliebten Menschen verlieren wird, eine Bereicherung. Ich möchte Ihnen, liebe Kollegen, die Lektüre dieses Buches empfehlen. Eine Kurzvorstellung finden Sie auf Seite 56.
Nun, sie werden denken, dies ist Werbung in eigener Sache. Richtig, es ist Werbung in ureigener Sache, denn die Weiterverbreitung von schmerztherapeutischem Wissen, die Etablierung schmerztherapeutischer, palliativmedizinischer Prinzipien in der Universitätsmedizin und überhaupt die Ausweitung dieser Handlungsdenkweise im Sinne der „Palliative Care“ ist eine unserer Aufgaben.

In der Hoffnung auf ein Wiedersehen oder Kennenlernen bei einem unserer Kurse verbleibe ich mit freundlichen kollegialen Grüßen,

Dr. med. Ludwig Distler
1. Vorsitzender der   DAGST e.V

 


Dieser Beitrag erschien in der Zeitschrift Schmerzmedizin, Ausgabe 5/2016, veröffentlicht von www.springermedizin.de